Künstliche Intelligenz

Sind Beratende und Coaches bald überflüssig?

Bedroht die KI das Brot-und-Butter-Geschäft vieler Berater*innen und Coaches? Das fragen sich zurzeit insgeheim viele Anbieter*innen im Bildungs- und Beratungsmarkt. Doch welche Antwort gibt die KI selbst auf diese Frage? Das wollte der Marketingberater Bernhard Kuntz wissen.

Künstliche Intelligenz eröffnet neue Möglichkeiten – könnte aber auch bestehende Strukturen in Frage stellen. Im B2B-Bereich sehen sich Berater*innen und Coaches zunehmend durch den verstärkten Einsatz KI-gestützter Trainings- und Coachingprogramme bedroht. Ihr tägliches Geschäft besteht darin, Unternehmen bei kulturellen Veränderungen zu begleiten und Einstellungs- sowie Verhaltensänderungen bei Mitarbeitenden zu fördern. Diese Aufgaben könnten perspektivisch teilweise oder sogar vollständig von KI übernommen werden.


Sind Berater*innen und Coaches bald überflüssig?

Bernhard Kuntz, selbst seit vielen Jahren im Beratungsmarkt aktiv, beschäftigt sich seit etwa zwei Jahren mit genau dieser Frage. Besonders im Fokus stehen dabei die sogenannten systemischen Berater*innen und Coaches – also jene, die ihre Hauptaufgabe darin sehen, durch gezielte Fragen neue Erkenntnisse bei Klient*innen zu fördern und Entscheidungsprozesse zu begleiten. Laut Kuntz sei die Befürchtung einer Verdrängung durch KI jedoch oft eher eine subjektive Wahrnehmung als eine fundierte Einschätzung. Um dies zu überprüfen, konfrontierte er eine KI selbst mit dieser Fragestellung – und erhielt aufschlussreiche Antworten.

Runde Eins: „Was sagt ChatGPT dazu?“

Folgender Prompt wurde an ChatGPT gerichtet:

„Schreibe einen Artikel darüber, inwieweit systemische Berater und Coach, die ihre Hauptaufgabe darin sehen, Personen mittels Fragen zu neuen Erkenntnissen zu führen und bei ihnen gewisse Entscheidungen herbeizuführen, in naher Zukunft durch digitale, KI-gestützte Coaching-Programme ersetzt werden können. Gehe in ihm darauf ein, was aus Sicht der Unternehmen außer Kostengründen dafür spricht, bei ihrer Personalentwicklung statt auf Präsenz- beziehungsweise Live-Coachings mit persönlichen Beratern verstärkt auf KI-gestützte Coaching-Programme zu setzen. Nehme zudem eine abschließende Bewertung vor, inwieweit KI-gestützte Trainings- und Coachingprogramme mittel- bis langfristig das Geschäft der systemischen Berater und Coaches und deren Marktfähigkeit bedrohen.“

Wenige Sekunden später lieferte der Chatbot laut Kuntz eine umfassende Antwort. Der folgende Text wurde von ChatGPT verfasst; lediglich kleinere grafische Anpassungen wurden zur besseren Lesbarkeit vorgenommen.


Titel: Werden systemische Berater und Coaches durch KI-gestützte Coaching-Programme ersetzt? Gründe jenseits der Kosteneinsparung und eine mittel- bis langfristige Marktbewertung

Einleitung: Systemische Berater und Coaches, deren Hauptaufgabe darin besteht, durch gezielte Fragen neue Erkenntnisse zu fördern und Klienten zu bestimmten Entscheidungen zu bewegen, stehen vor der Frage, ob digitale, KI-gestützte Coaching-Programme in naher Zukunft ähnliche oder sogar höhere Wertschöpfung liefern können. Der Fokus dieses Artikels liegt darauf, neben Kostengründen weitere zentrale Beweggründe aus Unternehmenssicht zu beleuchten, warum Personalentwicklung vermehrt auf KI-gestützte Lösungen setzen könnte. Abschließend wird eine mittel- bis langfristige Einschätzung zur Bedrohung der Geschäftstätigkeit von systemischen Beratern und Coaches gegeben.


1. Welche Leistungen KI-gestützte Coaching-Programme bieten

    • Fragestellungsbasierte Interaktionen: KI kann strukturierte, adaptive Fragen stellen, Denkmuster herausfordern und Reflexionsprozesse anstoßen.
    • Personalisierte Lernpfade: Anhand von Datenhistorie, Kontext und Präferenzen können individuelle Coaching-Journeys vorgeschlagen werden.
    • Skalierbarkeit und Standardisierung: Einheitliche Qualität über große Mitarbeitendenbestände hinweg; konsistente Methoden.
    • Zeitliche Flexibilität: Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit möglich; geringe Abhängigkeit von Terminabsprachen.
    • Datengestützte Wirkungskontrolle: Automatisiertes Monitoring von Fortschritt, Feedback-Schleifen und messbaren Kompetenzerweiterungen.

2. Zentrale Gründe jenseits der Kosten, warum Unternehmen auf KI-Coaching setzen könnten

      • Konsistenz und Standardisierung von Lernprozessen: Unternehmen streben nach vergleichbaren Entwicklungserlebnissen über diverse Hierarchieebenen und Standorte hinweg. KI-gestützte Programme liefern standardisierte Modelle, Was- und Wie-Fragen sowie strukturierte Reflexion, die schwer in personaler Form über alle Mitarbeitenden hinweg gleichwertig sicherzustellen wären.
      • Schnellere Skalierbarkeit bei Transformationsprozessen: Bei großen Belegschaften oder zeitlich engen Change-Initiativen ermöglicht KI-Coaching eine rasche, gleichzeitige Begleitung vieler Mitarbeitender, was eine zeitnahe Umsetzung von Strategien unterstützt.
      • Datenbasierte Personalentwicklung und Transparenz: KI-Systeme aggregieren Daten zu Lernfortschritt, Barrieren und Präferenzen. Führungskräfte erhalten evidenzbasierte Einblicke, welche Entwicklungsbausteine wirken und wo Unterstützung gezielter nötig ist.
      • Objektivität und Reduktion von Verzerrungen: Automatisierte Fragen und Feedback können Verzerrungen reduzieren, die in individuellen Coachings durch persönliche Vorlieben oder unbewusste Einstellungen entstehen. Gleichzeitig erkennen KI-Systeme Muster über viele Fälle hinweg, die menschlichen Beobachtern möglicherweise entgehen.
      • Gestaltung modularer, eigenständiger Lernpfade: KI ermöglicht modulare Coaching-Formate, die sich nahtlos in bestehende Lernplattformen integrieren lassen (Lernvideos, Micro-Interventions, reflektierende Aufgaben), wodurch neue Lernkulturen schneller etabliert werden.
      • Compliance, Ethik und Datenschutz: Digitale Programme bieten Auditierbarkeit von Lernpfaden, Entscheidungen und Fortschritten, was aus Governance-Sicht attraktiv ist, insbesondere in regulierten Branchen.

    3. Zentrale Unterschiede zwischen Präsenz-Coaching und KI-Coaching aus Sicht der Unternehmen

        • Tiefenstrukturierte, kontextualisierte Interventionen: Systemische Coachings arbeiten mit komplexen Beziehungs- und Organisationsdynamiken, die oft subtile, situative Interventionen benötigen. KI kann solche Feinheiten nicht vollständig erfassen, sondern arbeitet mit Wahrscheinlichkeiten und Mustererkennung.
        • Vertrauen, psychologische Sicherheit und Beziehungsaufbau: Langfristige Verankerung von Veränderung baut stark auf persönliche, empathische Präsenz, nonverbale Signale und situatives Feingefühl. KI kann diese Ebenen nur eingeschränkt ersetzen.
        • Veränderungsmanagement und Stakeholder-Moderation: In Transformationsprozessen braucht es Moderation, Konfliktlösung und individuelle Begleitung von Widerständen – Fähigkeiten, in denen menschliche Berater traditionell überlegen sind.
        • Ethik, Werte und moralische Abwägungen: Entscheidungen, Wertefragen und ethische Abwägungen erfordern oft menschliches Urteilsvermögen, das über Algorithmen hinausgeht.
        • Governance und Kulturwandel: Die Etablierung einer Lern- und Feedbackkultur sowie das Management von kultureller Akzeptanz benötigen Vorbilder, Storytelling und situative Einflussnahme


      ChatGPT analysiert, aber wagt keine klare Prognose

      Die von ChatGPT verfasste Antwort enthält eine Vielzahl relevanter Argumente. Allerdings fehlt darin eine eindeutige Einschätzung, inwieweit der verstärkte Einsatz digitaler Coachinglösungen das Geschäft systemischer Berater*innen und Coaches tatsächlich bedroht.

      Inhaltlich hatte ich an dieser Auflistung von Gründen, die ChatGPT zufolge aus Unternehmenssicht für und gegen einen verstärkten Einsatz KI-gestützter Coaching- und Trainingsprogramme spricht, nichts auszusetzen.Bernhard Kuntz

      Runde Zwei: Auf der Suche nach klaren Antworten

      Da ihm eine konkrete Bewertung fehlte, formulierte Kuntz seinen Prompt präziser:

      „Gebe eine Einschätzung ab, inwieweit KI-gestützte Trainings- und Coachingprogramme mittel- bis langfristig eine ernsthafte Konkurrenz für das Geschäft der systemischen Berater und Coaches sein werden – unter anderem, weil sie von Unternehmen verstärkt genutzt werden, um kulturelle Veränderungen in ihrer Organisation und Einstellungs- und Verhaltensänderungen bei ihren Mitarbeitenden zu bewirken.“

      ChatGPT: „KI-gestützte Trainings- und Coachingprogramme haben das Potenzial, mittel- bis langfristig eine ernsthafte Konkurrenz für das Geschäft der systemischen Berater und Coaches zu werden und zwar aus mehreren Gründen: ….“

      Als Gründe wurden anschließend außer einer aus Unternehmenssicht besseren Kosten-Nutzen-Relation weitgehend – mit teils anderen Worten – dieselben Gründe genannt wie in der Antwort auf den ersten Prompt.


      Fazit: KI wird zur ernstzunehmenden Konkurrenz

      Im abschließenden Fazit formulierte ChatGPT schließlich eine klare Einschätzung:

      ChatGPT: „Kurzfristig werden KI-gestützte Coaching- und Trainingsprogramme vermutlich nicht die persönliche Beratung vollständig ersetzen, insbesondere wenn es um komplexe, zwischenmenschliche Aspekte oder tiefgreifende kulturelle Veränderungen geht. Langfristig könnten sie jedoch zu einer ernsthaften Konkurrenz werden, vor allem in großen Organisationen, die schnellen und skalierbaren Wandel in großem Umfang anstreben.

      Der hybride Ansatz – KI-gestütztes Coaching, kombiniert mit menschlicher Beratung – könnte dabei die beste Lösung sein, um das Beste aus beiden Welten zu vereinen. Unternehmen könnten so die Effizienz und Skalierbarkeit der KI nutzen und gleichzeitig die emotional-intellektuelle Unterstützung und Tiefe eines systemischen Coaches erhalten.“


      Konsequenz: Beratende müssen ihre Positionierung überdenken

      Auch mit dieser Einschätzung geht Kuntz konform. Sie lässt sich seiner Meinung nach klar interpretieren: Ja, durch den verstärkten Einsatz digitaler Coaching-, Trainings- und Beratungsprogramme werden viele systemische Berater*innen ihr klassisches Mengengeschäft verlieren.

      „Davon bin zumindest ich felsenfest überzeugt, weshalb viele Beratende aktuell vor der Herausforderung stehen, ihr Leistungsportfolio und ihre Marktpositionierung zu überdenken – zumindest, wenn sie auch in fünf bis zehn Jahren noch relevant im Markt sein wollen.“ Bernhard Kuntz

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