Auf und davon

Industriellenvereinigung
07.05.2012

Viele junge heimische Technologieunternehmen scharren in den Start-löchern, um weltweit Märkte zu erobern. Doch aller Anfang fällt schwer. Wir haben zwei Firmen besucht, die mithilfe verschiedener Förderprogramme die Grenzen des österreichischen Marktes gesprengt haben.

Text: Helmut Spreitzer

Wer sich nur auf Kunden innerhalb der Landesgrenzen fokussiert, beschränkt seine Geschäftschancen ganz dramatisch. Vielmehr gilt es über den Tellerrand zu schauen und seine Produkte Kunden in aller Herren Länder schmackhaft und verfügbar zu machen. Doch der Weg zum Exportprofi will gut vorbereitet sein. Benötigt man doch für die Internationalisierung der Geschäfte Geld und Ressourcen. Hilfe bei den ersten Schritten bieten verschiedene Stellen. Für besonders schnell wachsende KMU, die neue Arbeitsplätze schaffen und innovative Technologien verbreiten, gibt es zum Beispiel die sogenannte „Gazellen-Förderung“ des austria wirtschaftsservice (aws). Ein daraus entsprungenes Rolemodel ist die Firma Schnabl-Stecktechnik.

Strategische Vorbereitung
Das Unternehmen wurde vor mehr als 30 Jahren gegründet und hat sich innovativen Formen der Stecktechnik ohne Dübel und Schrauben verschrieben. Mittlerweile exportiert man in 25 Länder rund um den Globus. 2009 hat man erstmals Exportförderung im Rahmen der „Gazellen-Förderung“ in Anspruch genommen, erzählt Wolfgang Bruckbauer, der seit damals Geschäftsführer und Teilhaber des Unternehmens ist. Damals standen die Märkte Frankreich, Großbritannien, Rumänien und Polen im Visier. Rumänien und Polen wurden mangels wirtschaftlicher Perspektiven ad acta gelegt. Bruckbauer erklärt: „Unsere Produkte sparen Zeit, sind aber teurer als Billigprodukte. In Ländern mit geringen Lohnkosten sind diese Vorteile wirtschaftlich nicht darstellbar.“ In Frankreich und Großbritannien hingegen konnten Vertriebspartnerschaften etabliert werden. Etwa die Hälfte der Kosten dafür wurde gefördert. Allerdings müsse man schon sehr genau wissen, was man will, wirft Walter Wendt, internationaler Verkaufsleiter bei Schnabl Stecktechnik, ein: „Eine detaillierte Vorbereitung und ein strategisches Konzept sind notwendig. Wir haben etwa ein Jahr lang daran gearbeitet, unsere Exporte in andere Länder weiterzuführen. Etwa die Hälfte der Tätigkeit besteht in der Recherche der Rahmenbedingungen der ausgewählten Märkte.“

Nichts geschenkt
Was im Rahmen der „Gazellen-Förderung“ für die europäischen Märkte gilt, gilt im Rahmen der „Go International“-Initiative der Außenwirtschafts-Organisation der Wirtschaftskammer (AWO) auch für Fernmärkte. Die Frage sei immer: „Was will ich dort erreichen?“, meint Wendt. In diesem Zusammenhang sei die Kooperation mit den Außenhandelsstellen unverzichtbar, da diese wichtige Serviceleistungen wie Marktscreening, die Selektion möglicher Partner oder Übersetzungen gratis zur Verfügung stellen.
Geschenkt wird einem aber nichts, weiß Wendt aus Erfahrung: „Man muss schon sehr fundiert darstellen, welche Überlegungen man hat, und abschließend sind auch entsprechende Leistungsbelege abzurechnen.“

Die Idee, die Anwendung
Ein zweites Beispiel für erfolgreichen Außenhandel ist das Unternehmen compacfoam. Ursprünglich betrieb man ein überschaubares Bauingenieurbüro. Im Rahmen eines Auftrags für Plattformen in öffentlichen Badeseen entstand dann ein innovatives Produkt im Bereich druckfester Wärmedämmung. Diese Entwicklung beflügelte die Exportfantasien. Wir bieten eine „Hightech-Komponente, keinen ‚cost safer‘“, an, betont Geschäftsführer Florian Nowy. Die Kundschaft dafür findet sich heute vor allem im Fahrzeug- und Fassadenbau sowie in der Fensterindustrie wieder. Der Weg von der Dienstleistung zum Industrieprodukt, erzählt Nowy, sei dann erfolgreich, wenn man eine Innovation erkennen und diese auch einer Anwendung zuordnen könne.

Streng, aber fair
„Wir hatten am Anfang keinen Markt und keine Produktion. Bestellungen gab es erst, als wir lieferfähig waren“, weist Nowy auf die Schwierigkeiten hin, denen ein Jungunternehmen am Anfang gegenübersteht. Dank des aws gab es eine Startfinanzierung von 750.000 Euro. Damit konnte compacfoam in die industrielle Fertigung starten. Streng, aber fair seien die Kriterien, nach denen eine international besetzte Jury Anträge auf ihre Förderungswürdigkeit hin empfiehlt, erzählt Nowy. Für compacfoam war die Prüfung positiv. Herausgekommen ist ein Kredit in Form einer stillen Beteiligung, rückzahlbar auf zwölf Jahre.

Über Messen in die Märkte
Compacfoam habe sich anfangs mit kleinen Messeständen im Rahmen von Gemeinschaftsständen der WKO auf internationalen Leitmessen beteiligt. Und sich so eine 90-prozentige Exportquote erarbeitet – zwei Drittel davon gehen nach Deutschland, ein Drittel nach Italien, Frankreich, Großbritannien und in die Benelux-Länder. Lediglich zehn Prozent der Produktion werden in Österreich verkauft.

Derzeit arbeite man an der Erschließung von Fernmärkten in den USA und Kanada. Gefördert werden dafür rund 50 Prozent der relevanten Markterschließungskosten – dazu zählen Reise­abrechnungen, Mitarbeiterkosten, Bürokosten vor Ort, Messebeteiligungen. Im März stand ein Besuch bei der weltweit größten Messe für ökologisches Bauen in London an, und im November wird man auf der Green Building in San Francisco ausstellen, der nordamerikanischen Leitmesse in diesem Segment. Dort stellt man ein komplettes Passivhaus auf, wo die einzelnen Produkte in Anwendung präsentiert werden können, freut sich Nowy. Und das bei Kaffee und Apfelstrudel.