Reprografie-Vergütung: Abzocke auf Kosten der Kunden

28.04.2006

Geht es nach der Literar Mechana und der VBK (Verwertungsgesellschaft Bildender Künstler) sollen jetzt auch Urheberechtsabgaben für PC und Drucker fällig werden. Am 24. Dezember 2005 veröffentlichten diese Verwertungsgesellschaften in der Wiener Zeitung ihre Tarife für die Reprografievergütung und lösten einen Sturm der Entrüstung bei Geräteherstellern und Handel aus. Von Klaus Lorbeer

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Vor zehn Jahren einigten sich die Verwertungsgesellschaften Literar Mechana und VBK mit der Wirtschaftskammer auf einen Gesamtvertrag zur Reprografievergütung auf Scanner, Faxe und Multifunktionsgeräte. Damit werden die Rechte der Autoren gewahrt und mit diesem Geld die Kopien von urheberrechtlich geschütztem Material pauschal abgegolten. Während in Deutschland so gut wie jede Abgabe zwischen Geräteherstellern und Verwertungsgesellschaften durchprozessiert wurde, ging das in Österreich bisher zumeist einvernehmlich und insbesondere bei der Reprografievergütung ohne Beteiligung der Gerichte über die Bühne. Betrachtet man allerdings den Grad der Entrüstung mancher Gerätehersteller über die von der Literar Mechana und der VBK geforderte Reprografievergütung auf PC und Drucker, könnten auch hier bald deutsche Verhältnisse einziehen. Einen Vorgeschmack gab es ja bereits letztes Jahr: Da brachte der Computerhersteller Gericom mit Unterstützung der Wirtschaftskammer Österreich in einem Musterprozess gegen die Austro Mechana (die Verwertungsgesellschaft zur Wahrnehmung der Rechte von Musikschaffenden) deren Forderung nach einer Abgabe auf Festplatten in PCs und Notebooks zu Fall.

Feste Fronten
Bei der von der Literar Mechana und VBK jetzt geforderten Reprografievergütung scheinen die Fronten festgefahren. Helmut Krumböck, Obmann des Gremiums "Computer & Bürosysteme" der Wirtschaftskammer Wien und Verhandlungsführer für die WKO betrachtet die Veröffentlichung der Tarife am 24.12.2005 und das in Krafttreten der Regelung eine Woche später als "Überfall" und "unfreundlichen Akt", da man noch die Monate zuvor laufend Kontakt hatte mit den Verwertungsgesellschaften und hier nicht vorab informiert wurde. Franz-Leo Popp, Geschäftsführer der Literar Mechana, sieht das naturgemäß anders, wenn er - bezugnehmend auf die Einigung vor zehn Jahren - sagt: "Damals haben wir schon den Standpunkt vertreten, dass Drucker auch vergütungspflichtig sind." Da die Wirtschaftskammer anderer Meinung war, habe man ein Moratorium für fünf oder sechs Jahre vereinbart. "Die Frist ist abgelaufen und jetzt verlangen wir für Drucker und PCs etwas ", erklärt Popp seine Vorgangsweise. Die geforderten Abgaben für Drucker reichen dabei je nach Geräte von 6 bis 105 Euro, die Abgaben für einen PC betragen 18 Euro (siehe Kasten).
Für Barbara Werwendt, Unternehmenssprecherin von Hewlett-Packard, sind diese Forderungen auf PC und Drucker inakzeptabel. Für Multifunktionsgeräte kann sich HP eine Abgabe vorstellen, die aber nur drei Prozent des Verkaufspreises betragen dürfe, so Werwendt, da ein solches Gerät nicht eins zu eins zur Reprografie eingesetzt wird. Auch Michael Lukschander, General Manager Canon Consumer Imaging, ist gegen eine Abgabe bei Druckern, Sein Urteil: "Ein Drucker reprografiert nicht."

Eine Situation der Rechtsunsicherheit
Da die Abgaben 45 Tage nach Ende des Kalendermonats fällig werden, hätten die Zahlungen Mitte Februar beginnen müssen. Gezahlt haben HP und Canon aber noch nicht und zählen damit zu den Hardlinern. Andere Firmen führen hingegen ihre Abgaben an die Literar Mechana ab, wie auch Popp bestätigt. Aber alle warten auf den Verhandlungsausgang der WKO mit der Literar Mechana.
Das größte Problem an der derzeitigen Situation sieht Krumböck denn auch in der Rechtsunsicherheit, "weil das eine einseitige Veröffentlichung war." Dass sie gesetzeskonform war, gibt aber auch Krumböck zu. Derzeit prüft die Wirtschaftskammer, ob die Gebühr überhaupt zulässig ist und falls ja, wie hoch die Beträge sein dürfen. Krumböck erwartet sich aber, dass nach einer Einigung Unternehmen, die gegebenenfalls zuviel bezahlt haben, diesen Betrag refundiert bekommen.
Die Zulässigkeit steht für Popp außer Frage, der überzeugt ist, dass der Gesetzgeber in den entsprechenden Paragrafen und Erläuterungen zum Urheberrechtsgesetz eine Vergütung für diese Geräte zum Ausdruck gebracht hat. Denn, erklärt Popp, bei einer Kopie muss es sich nicht um ein Blatt Papier handeln, sondern es können auch elektronisch gespeicherte Daten vervielfältigt werden. Somit können Dokumente aus dem Internet heruntergeladen werden, die dann über eine Gerätekette wandern und letztendlich auf Papier ausgedruckt werden. Letztlich geht es nach Ansicht der Literar Mechana nicht um einzelne Geräte, sondern um ein Verfahren, an dem Geräte beteiligt sind. Für diese will die Verwertungsgesellschaft eine Abgabe, wie dies auch in Deutschland üblich ist.
Falls die Gebühren rechtens sein sollten, ist die Höhe des Betrages gleich der nächste Problemfall. Diese liegt nämlich nach Aussagen des Handels in der Höhe der Handelsspanne und ist damit für den Handel nicht akzeptabel. Für Popp ist dieses Argument des Handels nachvollziehbar, aber falsch. Popp: "In Wirklichkeit steht die Leistung des Urhebers, die abgegolten werden soll, nicht im geringsten Zusammenhang mit dem Verkaufspreis des Geräts."

Eine österreichische Lösung?
Eine Verbesserung in Sachen Streitschlichtung erwarten sich sowohl Popp als auch Krumböck von dem neuen Verwertungsgesellschaftengesetz, das mit 1. Juli dieses Jahres in Kraft treten soll. Krumböck bezweifelt aber, dass die zur Debatte stehenden Tarifforderungen schon nach dem neuen Gesetz abgewickelt werden können, da sie ja noch unter den alten Bestimmungen ausgesprochen worden sind.
Aber vielleicht wird nicht so heiß gegessen wie gekocht. Letztlich sind sowohl Popp als auch Krumböck an einer einvernehmlichen Lösung, sprich an einem Rechtssicherheit bietenden Gesamtvertrag interessiert. Deswegen setzen beide vorerst auf Gespräche. So hat die WKO der Literar Mechana neue Vorschläge unterbreitet, die im Mai diskutiert werden sollen. Scheitern diese, versichern beide Parteien einen Prozess nicht zu scheuen. Deutschland lässt grüßen.
(5/06)