
Vom keltischer Tiger zum Bettvorleger?
Irland und der Brexit: Wie sich der Austritt von Großbritannien aus der EU auf die grüne Insel auswirken wird, analysiert der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Dublin, Josef Treml, in einem aktuellen Marktkommentar.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Brexits auf das irische Wachstum werden von Experten als vernachlässigbar eingeschätzt. Bei einem „harten“ Brexit wird eine Reduktion des Wachstums um lediglich eineinhalb Prozentpunkte auf 2,5% erwartet. Seit der Krise ist Irland in chinesischen Dimensionen gewachsen (+7,7% im Jahr 2017) und wird auch 2019 wieder eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Eurozone sein. Das schon jetzt beachtliche Wachstum wird durch den Brexit zusätzlich befeuert, weil viele Unternehmen ihren Hauptsitz nach Dublin verlegen. Der boomende Dubliner IT-Sektor füllt offene Stellen mit Experten, die London den Rücken kehren. Bei einzelnen Produktgruppen im Nahrungsmittelbereich (Säfte, Zerealien, Marmeladen etc.) importiert Irland zurzeit über 50% der Nachfrage aus dem Vereinigten Königreich; Produkte, die bei einem harten Brexit mit bis zu 120% an Zöllen und Gebühren belastet und somit unverkäuflich würden. Irische Händler sind daher schon seit Monaten auf der Suche nach Substituten für britische Waren. Wegen der Unsicherheiten und drohenden Lieferengpässe im Falle eines harten Brexits suchen irische Unternehmen vermehrt nach Lösungen vom EU-Festland. Umgekehrt diversifizieren irische Unternehmen ihre Exportmärkte mit starkem Fokus auf den Euroraum. Unabhängig vom Brexit hat die irische Regierung verschiedene Investitionsprojekte im Infrastrukturbereich (Bahn, Flughafen) auf den Weg gebracht, die interessante Chancen für österreichische Firmen bieten. Zudem erwartet das AußenwirtschaftsCenter Dublin durch die boomende Baubranche und immer höhere Energiekosten zusätzliche Nachfrage nach österreichischen Lösungen in den Bereichen Green Building, Smart City und erneuerbare Energien.
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